Qbitec ist ganz neu – Aber das Team hat eine Geschichte

Wir werden manchmal gefragt, was der Name Qbitec bedeutet. Eigentlich ist es nur ein Kunstwort, das an die elegante Form des Kubus erinnert und uns nicht zu sehr auf ein bestimmtes Produkt einschränkt. Auch an das sagenumwobene Quanten-Bit – eine Herausforderung an die menschliche Vorstellungskraft – haben wir gedacht. Qbitec ist aber vor allem eine Anspielung an ein Startup, dem drei der heutigen Qbitec-er angehörten: kubit.

Hier wird die kurze Geschichte zweier Software-Startups und eines außergewöhnlichen Teams aus der Sicht eines der beiden kubit-Gründer, Oliver Bringmann, erzählt: Ohne wesentliches Startkapital, mit zwei Software-Ideen, ausgelöst jeweils durch eine Neuerung in der Vermessungshardware, gelangen zwei recht ansehnliche Erfolge...

Dresden, Sebnitzer Straße 44 im Jahr 1990, Stadtteilarchiv Dresden Neustadt, Foto: Joachim Schuster
Neun Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer war die Transformation in der ehemaligen Barock-Stadt Dresden in vollem Gange: Mehr oder weniger ehrwürdige Gebäude wurden restauriert und umgebaut. Neue Vermessungsbüros schossen wie Pilze aus dem Boden, um Grundstücke und Gebäude aufzumessen. An der florierenden Messbildstelle GmbH beobachtete der junge Vermessungsingenieur Matthias Koksch den gängigen Workflow: Mit dem Tachymeter wurden in den Gebäuden einzelne Punkt-Koordinaten gemessen, auf dem Instrument gespeichert und mit komplizierten Codes versehen. Die Codes waren Zahlenfolgen, die die Bedeutung der Koordinate als Wandanfang, Fenster-Brüstung, Steckdose usw. markierten. Zurückgekehrt ins Büro wurden die Punkt-Koordinaten zu Gebäudegrundrissen verarbeitet. Das war etwa wie „Malen nach Zahlen“. Leider stellte man dabei viel zu oft fest, dass wichtige Daten fehlten: „Wie ist denn nun die Wandstärke im Südflügel?“, „Hier scheint ein ganzer Raum nicht erfasst worden zu sein!“. Nur ein erneuter Besuch auf der Baustelle konnte Klarheit bringen…

Der rote Laser ersetzt die Maus im AutoCAD. Beim Klicken am Instrument oder auf der Tastatur wandert ein 3D-Punkt ins Plugin und wird so interpretiert, wie es der Vermesser vorsieht. Informatikerin Kristina Skrbek testet die neue Flächenverschneidung.
Man musste definitiv besser werden. Die wachsende Konkurrenz neuer Vermessungsbüros erzeugte einen spürbaren Druck. Die neuen reflektorlosen Tachymeter ermöglichten den Eine-Person-Betrieb, weil kein Assistent mehr ein kleines Spiegelprisma (Reflektor) an die zu messende Stelle halten musste. Auch kamen endlich leistungsstarke Laptops, auf denen AutoCAD laufen konnte, auf den Markt. Matthias kam auf einen folgenreichen Gedanken: Wie wäre es, wenn man einen Laptop mit AutoCAD an dem Tachymeter anschließt und im direkten Angesicht des Bauwerks den CAD-Plan ausarbeitet? Den Tachymeter würde man zu einer 3D-Maus degradieren. So zeichnet man eine Linie auf dem Layer Wand und „klickt“ - statt mit der Maus - mit dem roten Laserstrahl des Tachymeters irgendwo auf der realen Wand.
Das neue Vorgehen kostete etwas mehr Aufwand vor Ort. Aber da kein Assistent mit einem Reflektor in der Hand wartend herumstand, war das gar kein Problem! Im Büro konnte wesentlich mehr Zeit gespart werden, als auf der Baustelle in die CAD-Modellierung hineingesteckt wurde. Vor allem sah man sofort, wenn etwas fehlte oder nicht aus den gemessenen Größen konstruiert werden konnte. So entstand das AutoCAD-Plugin TachyCAD.
Matthias war wirklich fit in der Programmierung mit AutoLisp aber er brauchte jemanden, der ihm eine Funktion in maschinennahem C schreiben könnte: Eine einzelne Tachymeter-Messung besteht aus zwei Winkeln und einer Strecke. Diese drei Zahlen mussten durch ein serielles COM-Kabel ausgelesen werden und zu einer 3D-Koordinate verrechnet werden. Ein Student der Informatik las die Nebenjob-Anzeige am schwarzen Brett der Technischen Universität. Und so kam Tilo Pfliegner ins Spiel…
Irgendwann musste sich Tilo auf Prüfungen an der Uni konzentrieren und Matthias beschloss das neue Tool in einer eigenen Firma weiterzuentwickeln. Als reine Software-Firma könnte man sich komplett auf Algorithmen und Nutzerfreundlichkeit konzentrieren und würde vor allem nicht mit den eigenen Kunden im Wettbewerb stehen. Also sprach Matthias mich an. Wir kannten einander von einer abenteuerlichen Reise nach Peru. Ich arbeitete in einem DFG-Forschungsprojekt und lag in den letzten Zügen meiner Informatik-Promotion „Semantische Interpretation technischer Zeichnungen“. Matthias sah augenblicklich das Potential für sein Lieblingsthema „Gebäude-Bestands-Erfassung“ und köderte mich mit einer weiteren coolen Idee: Konnte die Umwandlung von gescannten Gebäudegrundrissen in hochwertige CAD-Zeichnungen ein Anwendungsfall für meinen – eher akademischen - Algorithmus sein? Mit dieser Verlockung kriegte er mich schnell und wir gründeten 1999 die Koksch und Bringmann IT GbR = kubit. Ausgestattet mit einer kleinen Gründerförderung vom Arbeitsamt begannen wir mit der Arbeit und konnten bald unseren Lebensunterhalt bestreiten. Tilo kam direkt nach seinem Abschluss dazu und wurde über die Jahre - in einem wirklich starken Team - der bei weitem einflussreichste Entwickler. Ich bin sicher, dass wir ohne ihn weit weniger Erfolg gehabt hätten.
Viele Jahre später, 2015, ich war gerade etwas durch Übernahme-Verhandlungen mit dem Laserscanner-Hersteller FARO abgelenkt, kam ein Vermessungsstudent in unser Team. Wir hatten schon viele Praktikanten gehabt, aber Marc Zschieschang war anders. Obwohl kein Programmierer, verstand er unsere Produkte sofort und entwickelte für uns in kürzester Zeit ein beeindruckendes Expertensystem: Mit diesem HTML-Tool konnten auch weniger Software-affine Sales-Partner aus dem Hardwaresektor unsere Software hochspezialisierten Interessenten äußerst schmackhaft machen. Durch einen cleveren Entscheidungsbaum geführt, wählte die Website genau die Videos und Informations-Happen aus, die einen potenziellen Kunden für unsere mittlerweile recht komplizierte Produktpalette begeisterte. Wir stellten Marc sofort ein. In FARO wurde er später zum Product Manager für die As-Built und SCENE Produktfamilie.
Mit einem wachsenden Team suchten wir Persönlichkeiten, die einerseits als herausragende Programmierer rasch bei (ebenfalls hochtalentierten) Kollegen fachliche Autorität erwerben und gleichzeitig als Führungskräfte einfühlsam und mit Organisationsgeschick Führungsaufgaben übernehmen konnten. Joachim Bank, 2018 gerade noch mit der Beendigung seiner Promotion zur Visualisierung von Partikeln in hochdimensionalen Merkmalsräumen beschäftigt, erschien Tilo und mir als idealer Kandidat für eine solche Rolle. Joachim überzeugte in Dresden auf ganzer Linie. Später übernahm er sogar als Product Manager und Product Owner eines internationalen Teams die Verantwortung für eines der ehrgeizigsten Software-Projekte FAROs.
Im Laufe der Jahre hatten wir viele Softwareentwickler mit „Sinn für Geometrie“ eingestellt. Ich nutzte immer dieselbe scheinbar harmlose Knobelaufgabe, um Bewerber herauszufordern. Ich werde das kleine Problem hier nicht erklären – vielleicht können wir ja bald wieder mit Einstellungen beginnen 😉. Nur so viel sei verraten: Unsere neuen, sehr geschätzten Kollegen ChatGPT und DeepSeek können die Aufgabe (noch) nicht bewältigen. Als sich ein Studien-Freund von Joachim bewarb, sagte Joachim mit großer Überzeugung, dass die Aufgabe viel zu leicht für Sören König sei. Dieses Puzzle könne Sören spontan und live an der Tafel lösen. Genauso war es. …und so kam der heutige Qbitec-Hauptentwickler an Bord.

Aus Milliarden Punkten werden die aktuell sichtbaren herausgefiltert. Eine hierarchische Würfel-Aufteilung des Raumes (Octree) macht den Algorithmus hocheffizient.
Ende 2023 begann ein neues Kapitel. Marc, Sören, Joachim, Tilo und ich schieden bei FARO aus, um den Schritt in die Selbständigkeit unter dem Namen Qbitec zu wagen. Wir suchten ein anspruchsvolles Problem, dessen Lösung einerseits für Anwender wirklich nützlich und andererseits für uns innerhalb eines Jahres zu stemmen war. Wieder war es eine Entwicklung auf der Hardware-Seite, die uns inspirierte. Waren es 25 Jahre zuvor reflektorlose Tachymeter, die TachyCAD ermöglichten, sind es nun kostengünstige Scanner bis hinab zum Smartphone, die den breiten Einsatz von Punktwolken beim Bauen im Bestand nahelegen. Haben wir 1999 einen einzigen 3D-Punkt über ein serielles Kabel ins AutoCAD gepumpt, werden nun bei jeder Änderung der Blickrichtung Millionen Punkte auf den Bildschirm gebracht. Und das gerne kabellos, aus der Cloud oder dem Firmennetzwerk.
Noch immer profitieren wir vom Vertrauen unserer Kunden aus kubit-Zeiten und den Hilfestellungen von anderen Ex-kubitern. Besonders möchte ich Scott Diaz erwähnen. Als Inhaber von kubit-USA hatte er maßgeblichen Teil am Erfolg von kubit. Heute unterstützt er wieder das Qbitec Marketing - besonders beim Fußfassen in Nordamerika.
Wir sind gespannt, wohin uns die neue Reise führt…